Der Rumäne Teil 1 oder Die Brücke des Grauens

So, da ich so langsam nicht mehr weiss was ich noch so schreiben soll aus dem alltäglichen Alltag frische ich mal die bereits erlebten Geschichten hier aus Kanada und den Staaten etwas auf. Denn die waren - besonders in der Anfangszeit - nicht von schlechten Eltern.

Im Herbst 2007 fing ich in Kanada frisch an, ahnungslos ob der gewaltigen Trucks die zu der Zeit einen mächtigen Eindruck auf mich machten. Wie sich die Zeiten doch ändern.
Mein damaliger Boss meinte mir einen Gefallen tun zu müssen und stellte mir im Dezember 2007 einen "Ausbilder" zur Seite an den ich noch heute oft genug denken muss. Heute lache ich drüber, damals war es das Grauen. Der Gute hörte auf den Namen "Nik" was wohl die Abkürzung für Nikolaus oder so ähnlich sein sollte. Kurzum er kam aus Rumänien, war ein hagerer, kleiner Zwerg der mir mal gerade bis an die Schulter reichte. Seine Sprachkenntnisse in englisch waren... sagen wir mal rudimentär vorhanden. Deutsch null und rumänisch lag mir widerum nicht. "Das kann ja was werden" dachte ich bei mir.

Der Trip sollte nach New York City gehen und wir sollten Tannenbäume liefern mit ein, zwei Zwischenstopps mittendrin. Als relativ frischer Neuling eine feine Sache. Mitten nach New York City, das war schon ein lohnenswertes Ziel. Und ich sollte auch recht behalten, ich werde diesen NYC Aufenthalt für mein Leben nie mehr vergessen.

Wir fuhren also los, Nik am Steuer und ab Richtung US Grenze. Ich hatte noch nicht allzu viel Erfahrung in diesen Dingen, wusste aber dass die US Guys es ganz gerne haben wenn man nicht sich nicht allzu auffällig benimmt und sich ruhig verhält. Zu der Zeit waren die US Costums noch wesentlich strenger drauf als zur Zeit. Und dann kam Nik...
Statt am Fensterchen des Grenzers zu stoppen, hielt er gut einen Meter dahinter. Was den US Costum zu Worten hinriss, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Ein Glück, dass Nik das sowieso nicht verstand :-)
Der Grenzer begriff so langsam, dass er auch mit einem Sack Reis hätte schimpfen können, der Effekt wäre der Selbe gewesen. Also schrie er alternativ mich an, ich übersetzte in einer Art Hand- Gebärden, Grimassen und Lautsprache für meinen rumänischen Fahrausbilder. Der Grenzer bemerkte nun meinen deutschen Pass, wurde mir gegenüber freundlicher, Nik gegenüber noch lauter. Die Arie ging so gefühlte 10 Minuten bevor ein sichtlich abgenervter US Grenzer uns endlich grünes Licht gab und die Fahrt weiter gehen konnte. Endlich...

Der erste Stopp
Ich habe mittlerweile den Namen dieser kleinen Stadt irgendwo in Connecticut vergessen. Spielt auch keine Rolle, eine typische amerikanische Kleinstadt eben. Dort wartete man auf eine Ladung Tannenbäume. Hier überlegte ich das erste Mal ob ich diesen Job hier wirklich machen will. Enge kurvige Strassen, Stromleitungen die über die Fahrbahn hingen, jede Menge viel zu tiefer Brücken und die Entladestelle war mitten in der Innenstadt. Nik gurkte den Truck irgendwie dorthin und am Ziel stellten wir fest: Ein kleines Blumengeschäft mit einer viel zu kleinen Einfahrt wartete auf uns.
Ich stieg aus und mit Hilfe der Blumenladencrew fuchtelten wir alle wichtig mit den Händen um Nik den rechten Weg zu weisen... Klappte, Truck stand, die Blumenladenjungs fingen an auszuladen. Während dieser Zeit entdeckte Nik mein frisch gekauftes Navigationsgerät Marke TomTom... Er war völlig aus dem Häuschen als würde er vor einem gerade gelandeten Ufo stehen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass dieses Gerät für Trucks dieser Grösse nicht so gaaaanz geeignet ist - wegen der Brücken usw. You know? Natürlich verstand er nichts... Naja egal, lassen wir ihm die Freude.
Als die Blumenladenmannschaft fertig war wollte Nik unbedingt mit dem Navi aus dieser Stadt herausfahren. Meine Warnungen begegnete er mit diesem Grinsen, das auch Chinesen draufhaben wenn man ihnen versucht was auf deutsch zu erklären. "Mir auch egal, soll er doch" dachte ich mir und liess ihn... Weit kamen wir eh nicht.

Nach einigen Schlenkern durch engste Wohnstrassen und einem immer noch völlig begeisterten Nik, der mehr auf das Display des Navis glotzte als auf die Strasse, steuerte er zielstrebung auf eine Abzweigung mit nachfolgender Brücke zu an der ein RIESIGES Schild stand: NO TRUCKS over 7000 Pounds!!!
Während ich noch überlegte welche Worte ich ihm zurufen sollte war es schon zu spät, Nik war auf der Rampe dieser Brücke... Ich weiss nicht mehr was ich gedacht habe, es war nichts Gutes. Ich duckte mich und versank so tief ich konnte in meinem Beifahrersitz und rechnete mit dem Schlimmsten. Er war nicht aufzuhalten dieser merkwürdige rumänische Hektiker.

Ein beherzter Pick-Up Fahrer unternahm in letzter Sekunde ein waghalsiges Fahrmanöver und überholte uns auf der einspurigen Brückenauffahrt und stellte sich quer vor uns. Nik musste nun endlich halten, ich sprang raus und dankte diesem Amerikaner für mein Leben. Der fing an den kleinen Rumänen mit einem typisch amerikanischen Schimpfwortsprachschatz zu überziehen, dass es eine reine Freude war. Mir fielen all diesen tollen Beleidigungen auf englisch ja gar nicht ein. Ich genoss das :-)

Das blieb uns zum Glück erspart

Als Nik endlich begriff welche Katastrophe da gerade haarscharf an ihm vorbei zog wurde er sichtlich blass. Er stammelte nur noch "oh my god, oh my god"... An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich war damit beschäftigt den rückwärtigen Verkehr aufzuhalten. Nik musste zur Strafe gute 1000 Meter die kurvige Auffahrt zur Brücke rückwärts wieder runter. "Recht so!" dachte ich.
Als er unten war, befahl ich dass er nun so zu fahren hatte wie ich es ihm sagte und aus der Landkarte befehle. Ziemlich schweigsam stimmte er zu und ich lotste ihn mit Kartenhilfe zur nächsten Interstate Richtung New York. Nik fand das Navi immer noch toll... Meine bösen Blicke hielten ihn aber davon ab es einzuschalten.

Wer nun dachte, dies war der Höhepunkt des Trips mit Nik der hat sich geirrt. Die spannendsten Augenblicke mit meinen rumänischen Teufelsdriver kommen erst noch! Die Fahrt nach New York City und was ich dort erlebte dann im zweiten Teil - demnächst in diesem Theater :-)

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blubb