Grosse Deutschland Tournee

Nach eineinhalb Jahren in Kanada und den Staaten heisst es nun bald: Bye, bye America, hello Europe!

Obama ist im Amt, nun kann ich endlich gehen :-) Und genau wie Mr. Bush bereue ich nichts was ich in den letzten Monaten getan habe. Es war eine fantastische Erfahrung und weit über 200.000 km kreuz & quer über den nordamerikanischen Kontinent. Das war ein Erlebnis wie es die wenigsten Europäer wohl haben werden und wahrscheinlich habe ich auch mehr gesehen als jeder Durchschnittsamerikaner in seinem Leben. Eigentlich wollte ich 50 US Staaten vollmachen (Alaska & Hawaii sind aussen vor), das würde aber rechnerisch noch Jahre dauern, da es einfach Staaten gibt die seltener angefahren werden als andere. So sind es knapp 40 US Staaten geworden, was auch keine schlechte Ausbeute für die relativ kurze Zeit ist.

Nachdem wir Bekannten gegenüber unsere Pläne offenbarten, mussten wir uns teilweise rechtfertigen (was wir nicht tun werden) aber wir ernteten auch eine Menge Verständnis für unseren Schritt. Wir sind hier seinerzeit nicht mit der Absicht gelandet nun für immer und ewig in Kanada zu bleiben sondern wollten alles auf uns zu kommen lassen. Mal sehen was so passiert. Der Haupthintergrund dieses Abenteuers war keine Flucht aus Germany sondern Neugier und Wissensdurst auf Nordamerika, insbesondere die USA. Und der ist - dank meiner Company Clarke insbesondere - absolut gestillt worden. Kaum eine Interstate die ich nicht befahren habe, kaum ein Highlight dass ich nicht sehen durfte. Die wenigen Dinge die noch in der "Sammlung" fehlen, werden wir privat in der Zukunft noch bereisen. Wo man am günstigsten eines der grossen US Wohnmobile auftut, weiss man ja nun ;-)

Wie das aber so ist mit Dingen die man tagtäglich tut: Irgendwann kehrt Langeweile und Routine ein. Irgendwann war es eben nicht mehr so spannend zum 50. Mal über die George Washington Bridge in New York City zu fahren, obwohl das nächtlich beleuchtete Manhattan immer wieder ein Erlebnis ist. Aber die grossen Aha Effekte der Anfangszeit blieben immer mehr aus. Selbst das wunderschöne Kalifornien verlor etwas von seinem Reiz. Am Ende ist man durch die Staaten und Kanada gefahren und hat sich dort bewegt als hätte man nie etwas anderes getan. Komisch wie schnell sich der Mensch an fremde Umgebungen, Sprache und Mentalitäten gewöhnt. Das bezeichnet man wohl gemeinhin als Alltag. Und der war eingekehrt, das wurde immer deutlicher. Hinzu kommt gerade in Kanada die Winterzeit. In dieser macht das fahren mit teilweise 50 Tonnen Gesamtgewicht bei Eis und Schneestürmen alles andere als Freude. Nichts ist im Winter mehr planbar, alles ist wetterabhängig und oft genug steht man aus Sicherheitsgründen länger herum als einem lieb ist. Schliesslich möchte man nicht zu den zahlreich rechts und links in den Higway Gräben liegenden Kollegen gehören. Nein im Winter macht dieser Job hier oftmals keinen Spass. Das haben schon viele schlaue Fahrer erkannt und fahren seit Jahren gar nicht mehr im Winter, sondern nur saisonal die restlichen drei Jahreszeiten. Und sie haben Recht! Sie erhalten eine recht gute Steuererstattung und weil diesen Fahrer ja mind. 3 Monate im Einkommen fehlen erhalten diese nochmals eine Extra Erstattung. So kann man sich hier prima vor dem warmen Ofen über den Winter retten. Im Sommer klotzen, im Winter Beine hoch! Das ist die beste Möglichkeit hier ein entspanntes Truckerleben zu führen. Wem das zu langweilig ist, der "plowt" eben Schnee, fährt also mit Ramme am Pick Up herum und räumt Schnee von Privatgrundstücken. Damit kann man ein wenig Geld dazuverdienen und man macht sich nicht tot dabei.

Eines meiner liebsten "Supertrucker" Bilder, leider nicht selbst gesehen.

Zurück zum Ausgangsthema:
Es stellte sich irgendwann die Frage was wollen wir? Was können wir beruflich hier erreichen? Wollen wir überhaupt längerfristig hier bleiben? Das Thema berufliche Entwicklung war mittlerweile klar, hier im Osten Kanadas sieht es eher mau aus für Leute die nicht immer nur auf dem Truck sitzen wollen. Auch meine bessere Hälfte hat mit ihren wirklich ausgezeichneten Zeugnissen und ihrer guten Ausbildung kaum bis keine Chance einen Job zu bekommen der annähernd mit der Qualität und vor allem den Verdienst aus Deutschland vergleichbar wäre. Sie kann ohne Probleme in jeder Fast Food Kette beginnen, in Hotels die Bettchen machen (und auch das meist nur saisonal) oder sonstige einfache Tätigkeiten. Das hat sie auch getan wie viele. Als Einstieg ist sowas OK, als längerfristige Perspektive sicherlich nicht. Bei mir sah es nicht besser aus, hier einen Job als Techniker z.B. im Maschinenbau zu erhaschen ist weniger wahrscheinlich als zehnmal am Tag einem Moose zu begegnen. Selbst wenn man was auftut, darf man für sehr kleines Geld ganz, ganz unten beginnen. Auch die Qualifikationen müssen in Kanada natürlich neu gemacht werden. Und wollen wir all diese Mühen überhaupt auf uns nehmen? Nein, wollen wir nicht!
Kanada ist sicherlich ein schönes Land aber uns nicht so viel wert deart viele Opfer zu bringen. Als Truckdriver im Longhaul Geschäft verdient man hier im Osten Kanadas tatsächlich noch am meisten Geld, unglaublich aber wahr! Aber selbst dieses Geld ist im direkten Vergleich mit unseren früheren Einkommen nicht so prall. Dazu kommt, dass ich das ja eben nicht ewig weiter machen möchte. Es war lediglich Mittel zum Zweck. Kurzum: Reich wird hier niemand, wer das glaubt oder sich einredet der macht sich was vor. Wer hier des Landes wegen leben möchte, bittesehr, die Kanadier freuen sich! Wer rein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten hier leben möchte dem kann man nur zur Vorsicht raten! Man muss in Deutschland schon relativ weit unten angekommen sein um hier einen Vorteil zu haben - finanziell meine ich.
Auch mit PR (Permanent Resident) würden sich diese Dinge nicht ändern. Das ist klar geworden nach vielen Gesprächen mit PR Inhabern aus Deutschland, Niederlande und England. Gar nichts ändert sich dadurch, weder Jobchancen noch Gehälterhöhen. Wir haben - zum Glück - sehr lange gezögert mit der Beantragung der PR - eben weil wir uns nie so richtig schlüssig waren. Nun sind wir froh es nicht getan zu haben, denn dies hätte wieder ein Riesenloch in den Etat gerissen und uns gezwungen so lange hier zu bleiben bis über den Antrag entschieden wurde. Wären wir während dieser Zeit gegangen würde logischerweise der Antrag abgelehnt, eine zweite Chance gibt es dann nicht mehr. So aber halten wir uns diese Möglichkeit noch für die Zukunft offen, wer weiss was in 5 oder 10 Jahren sein wird?

Diese Entscheidungen sind unsere ganz allein. Das stellt keine allgemeine Wertung dar! Wer sich hier in Kanada so wohl fühlt, dass er den Rest seines Lebens hier verbringen möchte der kann dies tun. Als Truckdriver hat man es ja auch nicht so schlecht hier. Wer damit glücklich und zufrieden ist kann es hier lange aushalten. Diese Entscheidung muss letztlich jeder für sich und mit seiner Familie ausmachen.

Ich werde in diesem Blog noch die eine oder andere Anekdote aus meiner Truckerzeit hier aufschreiben. So aus der Distanz lassen sich viele Geschichten nun besser erzählen als direkt nach dem Erlebten wo oftmals die Emotionen hochkochten.

Bis bald!

1 Kommentar:

  1. Guten Morgen Oli
    Finde deine Entscheidung richtig man sollte so handeln wie man will echt Canadisch.
    Viel Glück.
    Schreibe mir doch bitte mal deine Email adresse ,
    Gruß auf Achse Jochen

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blubb